Butter statt Kanonen

Rosa Luxemburg:

Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat.“

Laut dem UCPDP (Uppsala Conflict Data Program) gab es im Jahr 2022, 55 bewaffnete Konflikte mit staatlicher Beteiligung, worin 8 die Intensität eines Kriegs erreichen. Diese „Polykrisen“, welche bedeuten das mehrere große Konflikte gleichzeitig stattfinden, einander beeinflussen, verstärken und voneinander abhängig sind, haben bewaffneten Konflikten eine neue Qualität gegeben. Laut Stefan Kroll ist „Im historischen Vergleich die Anhäufung von unterschiedlichen Krisen seit 2005, also seit der Weltwährungs- und Finanzkrise, durchaus bemerkenswert“. „Es habe schon immer Krisen gegeben, aber die derzeitige Häufung, die unter den Bedingungen der Globalisierung entstanden ist, die sei neu.“
Quelle 1
Deutschland ist deswegen aktuell mit einer nie dagewesenen Situation konfrontiert. Ein mittelgroßer konventioneller Krieg in Osteuropa, atomares Säbelrasseln, ein entfesselter Wirtschaftskrieg mit Energie-Embargo.
Aufgrund der Krisensituation reagiert die deutsche Gesellschaft (Arbeiter*innen – das Proletariat) gestresst wegen der steigenden Kosten des Lebensunterhalts. Die Ampel Regierung hingegen zeigt gemischte Gefühle von Euphorie bis hin zu Frust über die Uneinigkeit des Weges ihres gemeinsamen zukünftigen Handelns, aber in einem sind sich mehrheitlich einig: Deutschland muss an diesen militärischen Konflikten teilnehmen und es muss einen Gewinner geben! Friedensverhandlungen sind ausgeschlossen, denn es muss Profit generiert werden!
Aber wer profitiert den z.B. von diesen Konflikten?
Deutschlands größter Rüstungskonzern Rheinmetall! Dieser rechnet mit dauerhaft steigenden Umsätzen und Gewinnen. „Eine neue sicherheitspoltische Dekade hat begonnen“, sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger mit Blick auf die russische Invasion der Ukraine und die Aufrüstung der NATO-Staaten. Rheinmetall erwarte „anhaltend starkes Umsatz- und Ergebniswachstum“ sagte Papperger.
Die operative Ergebnisrendite wird bei 14 bis 15 Prozent erwartet, nach 12,8 Prozent im Jahr 2023.
Im vergangenen Jahr hatte Rheinmetall beim operativen Ergebnis einen Anstieg um 19 Prozent auf einen Rekordwert von 918 Millionen Euro verzeichnet. Auch der Auftragsbestand erreichte zum Jahresende mit 38,3 Milliarden Euro einen Rekordwert nach 26,6 Milliarden Euro im Vorjahr.
Quelle: 2
Aber wie kam es überhaupt zur Aufrüstung? 
Als Russland die Ukraine angriff, trafen sich am 22. Februar 2022 der Deutsche Bundestag zu einer Sondersitzung und Olaf Scholz sprach von einer „Zeitenwende“
Wir erleben eine „Zeitenwende“. Und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor. Im Kern geht es um die Frage, ob Macht das Recht brechen darf. „…Aber machen wir uns nichts vor: Bessere Ausrüstung, modernes Einsatzgerät, mehr Personal – das kostet viel Geld. Wir werden dafür ein „Sondervermögen Bundeswehr“ einrichten. Und ich bin Bundesfinanzminister Lindner sehr dankbar für seine Unterstützung dabei. Der Bundeshaushalt 2022 wird dieses Sondervermögen einmalig mit 100 Milliarden Euro ausstatten. Die Mittel werden wir für notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben nutzen. Wir werden von nun an Jahr für Jahr mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren. Und ich richte mich hier an alle Fraktionen des Deutschen Bundestags: Lassen Sie uns das Sondervermögen im Grundgesetz absichern.“ Dies passierte auch! 
Quelle 3
Ende des Jahres 2023 sah die Situation wie folgt aus 
Am 30. Oktober 2023 sagte der Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im ARD. Deutschland soll „kriegstüchtig“ werden, und damit nicht nur die Bundeswehr gemeint, sondern „unsere Gesellschaft“, also alle. Er fügte hinzu „Die Wehrpflicht auszusetzen war ein Fehler“
Quelle 4
Die Bundeswehr muss aus Sicht ihres Generalinspekteurs Carsten Breuer in fünf Jahren kriegstüchtig werden. „Kriegstüchtigkeit ist ein Prozess, den wir durchlaufen werden. Aber wir haben nicht endlos Zeit dafür“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Erstmals seit Ende des Kalten Krieges werde ein möglicher Krieg von außen vorgegeben. „Wenn ich den Analysten folge und sehe, welches militärisches Bedrohungspotenzial von Russland ausgeht, dann heißt das für uns fünf bis acht Jahre Vorbereitungszeit.“ Das heiße nicht, dass es dann Krieg geben werde – aber er sei möglich. „Und weil ich Militär bin, sage ich: In fünf Jahren müssen wir kriegstüchtig sein.“ Er fügte hinzu „Wir haben gesehen, dass in Russland per Duma-Beschluss auf Kriegswirtschaft umgestellt worden ist. Das Potenzial wächst also zurzeit.“
Quelle 5
Typische Formen der Kriegswirtschaft sind entweder ein, die Marktwirtschaft regulierender Interventionismus, der jedoch nicht den Markt oder das Privateigentum an Produktionsmitteln oder die Freizügigkeit der Arbeitnehmer vollständig aufhebt, oder aber eine zentralverwaltungswirtschaftliche (planwirtschaftliche) Steuerung.
Quelle6
Am Abend des 22. Februars 2024 führten Ricarda Lang, Christian Lindner und Clemens Fuest einen interessanten Dialog bei Maybrit Illner
Ricarda Lang sagte
»Wir dürfen die Sicherheit nach außen nicht gegen soziale Sicherheit im Land ausspielen.« Es werde nicht gelingen, diese Aufgaben aus dem laufenden Haushalt zu finanzieren. »Dafür müssen wir andere Möglichkeiten finden.«
Christian Lindner (FDP) verlangte ein mehrjähriges Moratorium bei Sozialausgaben und Subventionen, um mehr Geld in Verteidigung investieren zu können. „Mir geht es nicht darum, dass wir jetzt Dinge abschaffen müssen. Darüber kann man auch diskutieren. Aber das Wichtigste ist, dass nicht immer neue Subventionen, neue Sozialausgaben, neue Standards dazukommen“. „Wenn es uns gelänge, mal drei Jahre mit dem auszukommen, was wir haben, dann wäre das ein ganz großer Schritt zur Konsolidierung“
Quelle: 7
Dieses Finanzmodell, das Christian Lindner genannt hat, entspricht dem während des Kalten Krieges der USA unter Präsident Reagan. Die meisten NATO-Länder, so auch die Bundesrepublik – stehen vor drei zentralen, eng miteinander verzahnten Finanzproblemen. Denn steigt die Staatsverschuldung, werden wichtige Sozial-, Bildungs- und Investitionsprogramme nicht im erwünschten Umfang getätigt und es werden immer mehr Mittel für die Beschaffung von Waffensystemen und anderem militärischen Gerät bereitgestellt. Die Lösungen der Probleme konkurrieren miteinander; sie werden zudem auf dem Hintergrund hoher, Inflationsraten und steigender Arbeitslosigkeit verfolgt. Rein mathematisch betrachtet ist die Lösung natürlich einfach. Mehr Mittel werden dem Verteidigungsminister zur Verfügung gestellt, die Staatsverschuldung wird gesenkt; finanziert wird das Programm durch sozialen Abbau. Das ist das Modell Reagan aus dem Kalten Krieg.
Quelle: 8
Clemens Fuest der Chef des IFO Institut sagte in der Diskussion. „Wenn man mehr für das Militär ausgeben musste, dann blieb eben weniger für andere Dinge“ er sagte zu Ricarda Lang. „Tut mir leid Leute, wir kürzen jetzt unseren Sozialstaat zusammen“. Es ging leider nicht anders. „Aber das wird so sein. Kanonen und Butter – es wäre schön, wenn das ginge. Aber das ist Schlaraffenland, das geht nicht“ Er schaute wieder zu Lindner „Mehr produzieren, das ist der einzige Weg hier raus, wenn wir wollen, dass wir unseren Sozialstaat weiter finanzieren können“ Fuest sei sich sicher, man könne ihn „weiter finanzieren“ „Aber er wird halt kleiner ausfallen“
Quelle: 9
(Das mit der „Fettlücke“ und „Kanonen statt Butter“ kann ohne Probleme rausgekürzt werden)
Woher kommt das Schlagwort „Kanonen statt Butter“?
Im Nationalsozialismus gab es die sogenannte Fettlücke. Eine im April 1933 eingerichtete Reichsstelle für Öle und Fette bündelte die staatliche Regulierung des Inlandsmarktes durch Festsetzung von Preisen und Preisspannen sowie Kontingentierung von Importen und Produktion
Quelle 10
Durch den Mangel an Fetten kam eine „Verbrauchslenkung“ durch Propaganda und Preisgestaltung: Der Verzehr von Brot, Kartoffeln und Zucker sollte gefördert werden, als Brotaufstrich wurde Marmelade empfohlen und subventioniert, der Sonntagseintopf sollte Fleisch und Fett einsparen. 
Quelle 11
Rudolf Heß benutzte das Schlagwort „Kanonen statt Butter“ in einer Rede am 11. Oktober 1936 und rief dazu auf, Versorgungsengpässe hinzunehmen und sich kriegsmäßig einzuschränken. 
Quelle 12
Einhergehend mit der militärischen Lage an der Ostfront (Niederlagen vor Moskau und Stalingrad) kam es 1942 zu drastischen Einschnitten in der Lebensmittelversorgung; die knappe Fettration für „Normalverbraucher“ reduzierte sich von 1053 g auf 825 g pro Monat.
Quelle: 13
Dies führte nach Angaben der Gestapo „insbesondere in Arbeiterkreisen zu einer nicht unbeträchtlichen Beunruhigung“ und „die Stimmung … sei auf einem im Verlauf des Krieges bisher noch nicht festgestellten Tiefstand angelangt.“ 
Quelle: 14
Im Oktober 1942 wurde „seitens der Ärzteschaft … eine baldige Erhöhung der Fettration für unbedingt notwendig erachtet, da sich der Gesundheitszustand der Bevölkerung seit dem Vorjahre wesentlich verschlechtert habe.“ 
Quelle: 15
Das ist der aktuelle Stand der Krise. Wie der weitere Weg aussieht, ist unklar. Aber 
Für uns ist klar:
Diskussion darüber führen was uns klar ist! Was unsere Antwort auf diese Politik und Krise ist!
Quellen:,
Quelle 1 Kriege 
Quelle 2 Rhein Metall
Quelle 3 Zeitenwende 
Quelle 4 Pistorius kriegstüchtig
Quelle 5 „5 Jahresplan“
Quelle 6 Kriegswirtschaft
Walter Eucken: Grundsätze der Wirtschaftspolitik. Tübingen, 6. Aufl. 1990, S. 60.
Quelle 7 Lang, Lindner Gespräch 
Quelle 8 Finanzmodell 
Quelle 9 Clemens Fuest Antwort 
Quellle 10 Fettlücke
VO über die Errichtung einer Reichsstelle für Öle und Fette vom 4. April 1933 (RGBl. I, S. 166)
Quelle 11 Fettlücke
Reinhold Reith: „Hurra, die Butter ist alle!“, S. 409.
Quelle 12 Fettlücke
Rede von Goebbels im Januar 1936 – zitiert nach Kurt Bauer: Nationalsozialismus : Ursprünge, Anfänge, Aufstieg und Fall, Wien 2008, ISBN 978-3-205-77713-7, S. 306.
Quelle 13 Fettlücke
Michael Wildt: Der Traum vom Sattwerden, Hamburg 1986, ISBN 3-87975-379-2, S. 17.
Quelle 14 Fettlücke
Meldungen aus dem Reich… hrsg. von Heinz Boberach; Herrsching 1984, ISBN 3-88199-158-1, Bd. 9, S. 3504/3505 (vom 23. März 1942).
Quelle 15 Fettlücke
Meldungen aus dem Reich… hrsg. von Heinz Boberach; Herrsching 1984, ISBN 3-88199-158-1, Bd. 11, S. 4352 (vom 19. Oktober 1942).
Schule Kriegstüchtig
Krankenhaus Kriegstüchtig