Das Bürgergeld ist in aller Munde und stellt einen gesellschaftlichen Triggerpunkt dar. Rechte Kräfte hetzen häufig gegen angeblich faule Empfänger*innen, welche sich durch Steuergelder bereichern würden. Arbeit würde sich nicht mehr lohnen. Angeblich seinen faule Arbeitslose schuld an hohen Steuern und Haushaltskrisen.
Arbeitslose sind nicht schuld an Haushaltskrisen
Der Regelsatz des Bürgergeldes wird nach wie vor am Existenzminimum berechnet und garantiert damit Armut. Für Nahrung stehen täglich nicht mehr als 6,60 € zur Verfügung. Für das Bildungswesen 2,03 € im Monat[1]. Die Erhöhung des Regelsatzes, welche mit der Einführung des Bürgergeldes umgesetzt wurde, war nicht mehr als ein nachgeholter Inflationsausgleich, welcher mit einiger Verzögerung vermutlich unter den meisten Regierungskonstellationen durchgeführt worden wäre. Arbeitsminister Hubertus Heil, der lange Zeit als sozialer Pionier der Ampel-Regierung galt, kündigte im Zusammenhang mit den Haushaltskürzungen an, den Regelsatz „nicht arbeitswilliger“ Empfänger*innen bis zu 100 % zu streichen[2]. Der Großteil der Arbeitslosen will nachweislich wieder arbeiten, trotzdem wird durch ein solches Gesetz auch auf sie der Druck erhöht, weil das häufig willkürliche Job-Center jetzt die reale Macht hat, die Lebensgrundlage zu zerstören[3]. Bürgergeld-Betrug kostet den Staat jährlich 100 Millionen Euro. Was auf den ersten Blick wie eine hohe Summe wirkt, ist in staatlichen Dimensionen kaum spürbar. Steuerhinterziehungen Superreicher kosten den Staat beispielsweise 100 Milliarden Euro jährlich.[4] Der Betrug der Reichsten trifft den Bundeshaushalt tausendmal mehr als der angebliche Betrug der Ärmsten. Trotzdem tritt der Staat weiter fröhlich nach unten, während keine Konzepte gegen Steuerhinterziehung im Zuge der Haushaltskrise vorgelegt werden.
Arbeit lohnt sich; durch Sozialhilfen
Immer wieder stellen Politiker*innen und Journalist*innen Rechnungen auf, welche aufzeigen sollen, dass Bürgergeld-Empfänger*innen beinahe gleich viel Geld zur Verfügung haben, wie Arbeiter*innen im Niedriglohnsektor. Eine dazu durchgeführte Studie zeigt: Arbeiten lohnt sich, und zwar durch Sozialhilfen. Wer in Deutschland unter Mindestlohn arbeiten muss, hat Anspruch auf staatliche Zuschüsse wie das Wohngeld. Während dem/der Bürgergeld-Empfänger*in ein Haushaltseinkommen von 966 € im Monat zur Verfügung steht, sind es bei Mindestlohn 1.498 €, das ergibt eine Differenz von 532 €. Bei Alleinerziehenden mit einem Kind liegt die Differenz sogar bei 635 €.[5] Dass der Staat niedrige Löhne ausgleicht, bis sie über dem Bürgergeld liegen, ist dabei eine Notwendigkeit für das Kapital. Durch internationale Konkurrenz und den damit verbundenen Zwang, Kosten zu minimieren, um mehr Gewinn zu akkumulieren, versuchen Unternehmen und Konzerne, Personalkosten zu drücken. Die Folge sind eine wachsende Ungleichheit und real fallende Löhne, teilweise unter dem Existenzminimum. Hier entsteht für Kapitalist*innen ein Konflikt. Auf der einen Seite soll möglichst wenig Geld an Angestellte fliesen, um die Gewinnmasche zu maximieren, auf der anderen Seite müssen die Einkommen der freien Lohnarbeiter*innen über dem Bürgergeld liegen. Warum sollte man sonst unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten? Um diesen Konflikt zu lösen, wurde der Staat als Schutzheer für das Kapital erfinderisch. So wurde mit der Agenda 2010 und der Einführung des Hartz4-Regimes mithilfe von massiven Streichungen für Arbeitslose und Sanktionen unter das Existenzminimum eine prekäre Lage für Arbeitslose geschaffen. So hat der Staat einen der größten Niedriglohnsektoren Europas geschaffen, welcher aufgrund der niedrigen Löhne mit Sozialhilfen subventioniert werden muss.[6,7] Hier zeigt sich, es braucht immer eine reale materielle Besserstellung von Arbeitenden gegenüber Arbeitslosen, um Menschen zu schlechten Arbeitsbedingungen
für wenig Geld zu zwingen. Arbeit muss sich lohnen. Doch Hass und Hetze gegenüber Arbeitslosen erreichen dieses Ziel wohl kaum. Im Gegenteil sind echte Lösungsansätze ein höheres Bürgergeld und Kämpfe für steigende Löhne.